Unter Wert geschlagen


Allgemein / 15. Mai 2016
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Auswärtsspiel beim Braunschweiger THC war angesagt. Und da machten die Eisheiligen ihrem Namen alle Ehre. Konnten wir am Freitag, unserem Anreisetag, nachmittags noch im T-Shirt, Bermuda und Flip Flops über die schöne Anlage schlendern, erfolgte tags darauf ein Temperatursturz sondergleichen. Auch wenn ich alle verfügbaren T-Shirts und Jacken übereinander anzog und jede Zwiebel in den Schatten stellte, war ich am Abend des denkwürdigen Spieltags so durchgefroren, dass Amo auf der Rückfahrt in ihrem Auto Heizung, Sitzheizung und beheizbare Heckscheibe einschaltete, damit wir auftauten 😉
Doch zum Punktspiel: Auch das dritte in der 2. Bundesliga verloren unsere 1. Damen. Dieses Mal 2:7. Doch das Ergebnis täuscht über den wahren Spielverlauf hinweg. Selbst der gegnerische Trainer Oliver Westphal gab zu: „Das Ergebnis ist nicht gerecht. Ein 5:4 oder auch 4:5 würde den wirklichen Spielverlauf wiedergeben.“ Unsere Mädels konnten also erhobenen Hauptes die Heimreise antreten. Dass es ein Match auf Augenhöhe war, zeigt sich auch daran, dass das Punktspiel ganze acht Stunden dauerte. Es ging viermal in den Tiebreak und viermal in den Match-Tiebreak. Und das, obwohl Braunschweig mit drei ausländischen Spielerinnen angetreten war; erstmals auch mit dem Neuzugang, der Ukrainerin Valeyia Strakhova (WTA 232).
Das „match of the day“ spielte die 17-jährige Sophia Intert. Sie trat gegen die Rumänin Irina Fetecau an. Schnell führte sie 2:0, ließ bis dahin nicht einen einzigen Punkt ihrer Gegnerin zu. Doch die fing sich dann und zog ihrerseits auf 5:2 davon. Amelie Intert, die zwar verletzt, aber trotzdem mit nach Braunschweig gekommen war und ihre Schwester coachte urteilte:„Da war Suppi zu passiv, wollte Irina weiter Fehler machen lassen. Doch da traf sie dann jeden Ball.“ Aber auch Suppi kann kontern: Kämpfte sich in den Tiebreak, den sie 7:5 für sich entschied. Den 2. Satz gewann die Rumänin 6:4. Es folgte ein Match-Tiebreak den selbst altgediente Zuschauer, Trainer und Spielerinnen noch nicht oft erlebt hatten. Beide Spielerinnen gingen volles Risiko, schenkten sich nichts und steigerten sich in einen Rausch. Ein unfassbarer Ballwechsel folgte dem nächsten. Nach fast 2 ½ Stunden Spielzeit siegte Fetecau schließlich mit 19:17! Was für ein unglaubliches Match – und was für ein unglückliches Ende für Suppi.
Aber auch die Spitzenspielerinnen beider Vereine lieferten sich ein spannendes Duell der Extraklasse. Die Rumänin Mihaela Buzarnescu (WTA 212) gewann gegen Jelena Simic (Bosnien-Herzegowina, WTA 446) den 1.Satz im Tiebreak mit 7:4. Doch Wahlstedts Neuzugang glich mit 4:6 aus. Und wieder ging der Match-Tiebreak an Braunschweig (10:7). Trotzdem war Coach Hauke Karstens voll des Lobes: „Jelena hat sich von Punktspiel zu Punktspiel gesteigert. Ein absoluter Gewinn fürs Team – und ein toller Typ sowieso!“ Studentin Carolin Schmidt plagen schon länger Schulterprobleme. Doch sie stellt sich immer wieder in den Dienst der Mannschaft. Gegen Valeryia Strakhova hielt sie im 1. Satz gut mit, verlor knapp mit 5:7. Je länger ihr Match dauerte, desto mehr behinderte sie ihre lädierte Schulter. So ging auch der 2. Satz an die Profispielerin aus der Ukraine. „Das war Caros beste Saisonleistung“, lobte Karstens, „leider fehlte mit zunehmender Spieldauer ihr Service aufgrund ihrer Verletzung.“
Jennifer Wacker war gegen Vivian Heisen chancenlos. Routinier Lydia Steinbach ließ dagegen Kim Gefeller keine Chance. Lydi ließ sich auch nicht aus der Fassung bringen, als während eines Ballwechsels die Saite ihres Schlägers riss. Da streute sie eben einen Stop ein – und machte den Punkt. Janine Weinreich brauchte gegen Jana Nabel, die vor ihrer gesundheitlich bedingten Auszeit als großes Talent gefeiert wurde, einen Satz, um ins Spiel zu finden. Wieder musste der Match-Tiebreak entscheiden. Und endlich einmal hatte eine Wahlstedterin das bessere Ende für sich. Mit 12:10 setzte sich Janine denkbar knapp durch. So stand es nach den Einzeln 2:4. Mit etwas mehr Glück hätte es auch genauso gut andersherum stehen können. Doch Wahlstedt trauerte nicht lange den ungenutzten Chancen nach, sondern ging voller Elan in die Doppel. Zwar waren Sophia Intert und Jennifer Wacker gegen die rumänische Kombination Buzarnescu/ Fetecau chancenlos, zeigten jedoch trotzdem tadellosen Einsatz. Auch das erfolgsgewohnte Doppel Schmidt/ Steinbach musste sich in zwei Sätzen geschlagen geben, da Caro verletzungsbedingt nicht wie gewohnt den Druck auf die Gegnerin ausüben konnte, den dann Lydi für ihre gefürchteten Netzattacken nutzen konnte. Auch Jelena und Janine verloren – wie sollte es anders sein – im Match-Tiebreak.
Damit steht Wahlstedt mit 0:6 am Tabellen-Ende. Allerdings haben wir bislang auch nur gegen die drei verlustpunktfreien Erstplatzierten gespielt. Nun folgen die Spiele gegen die Mannschaften aus der untern Tabellenhälfte. „Insbesondere in den Einzeln haben die Spielerinnen einen Super-Job gemacht. Wenn sie dieses Selbstbewusstsein mit in die nächsten Spiele nehmen, ist mir um den Klassenerhalt überhaupt nicht bange“, resümierte Karstens nach einem langen Punktspieltag. Nun heißt es schnell regenerieren, denn schon Morgen folgt der nächste Auftritt: Da kommt der Vorletzte TC Union Münster nach Wahlstedt.

Braunschweiger THC – TC RW Wahlstedt 7:2
Mihaela Buzarnescu – Jelena Simic 7:6, 4:6, 10:7; Valeryia Strakhova – Carolin Schmidt 7:5, 6:4; Vivian Heisen – Jennifer Wacker 6:3,6:2; Irina Fetecau – Sophia Inter 6:7, 6:4, 19:17; Kim Gefeller – Lydia Steinbach 3:6, 0:6; Jana Nabel – Janine Weinreich 6:2, 5:7, 10:12; Buzarnescu/ Fetecau – Wacker/ Intert 6:1, 6:0; Heisen/ Gefeller – Simic/ Weinreich 6:7, 7:6, 10:5; Strakhova/ Nabel – Schmidt/ Steinbach 6:4, 7:5

Jörn Boller


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